Fachlichkeit als conditio sine qua non in der Lateinlehrkräftebildung?!
Studiendirektor Dr. phil. Hans-Joachim Häger (Habilitand)
Prof. Dr. Stefan Kipf (Mentorieller Begleiter)
In der vorliegenden Forschungsstudie wird der zuerst von Matthes (2000: 339) eingenommenen und zuletzt von Lindl & Kloiber (2017: 158f.) energisch vertretenen Position gefolgt, wonach das von Kipf (2010: 314) geforderte kompetente und souveräne Agieren von Lateinlehrkräften sowohl im fachwissenschaftlichen als auch im fachdidaktischen als auch im pädagogischen Bereich das Resultat eines Professionalisierungsprozesses sei. Während sich Lindl & Kloiber, der gemeinsamen theoretischen Rahmenkonzeption der Forschungsgruppe FALKO folgend, der Professionalität von Lateinlehrkräften durch empirische Messung domänenspezifischer Kompetenzen nähern, soll in dem vorliegenden Forschungsprojekt der Professionalisierungsprozess von Lateinlehrkräften – zum ersten Mal in der altsprachlichen Didaktik – auf bildungsgeschichtlichem Wege vom neunzehnten Jahrhundert bis in die Gegenwart nachgezeichnet werden, um daraus diejenigen Qualifikationen abzuleiten, die für eine im Bildungsgeflecht von Wissenschaft, Ausbildung und Schule souverän und erfolgreich agierende Lateinlehrkraft von entscheidender Bedeutung sind. Somit sollen in der vorliegenden Forschungsstudie auf einem (trotz der ergiebigen Studie von Lindl & Kloiber) weiterhin defizitären Forschungsfeld sowohl die generischen (= überfachlich gültigen) als auch die Dimensionen der Fachlichkeit im Laufe des Professionalisierungsprozesses von Lateinlehrkräften – national begrenzt auf Deutschland, für den Zeitraum von der Etablierung des eigenständigen Gymnasiallehramtes im Jahre 1810 bis in die Gegenwart und unter vergleichender Auswertung exemplarisch ausgewählter Berufsbiographien – in den Blick genommen werden. Da die generischen Anforderungen an die (Latein-)Lehrkräfte im Laufe der Bildungsgeschichte vor dem Hintergrund einer sich im stetigen Wandel befindlichen Gesellschaft bzw. der sich daraus ergebenden Veränderungen der schulischen Rahmenbedingungen deutlich zugenommen haben und in der Lehrerausbildung mittlerweile das ganzheitlich gebildete Mitglied in multiprofessionellen Teams das Ideal einer Lehrkraft darstellt (vgl. dazu exemplarisch Zierer [2018] und Bangert [22023: 32]), drängt sich die Frage auf, ob die Fachlichkeit im Rahmen der Lehrkräftebildung unter den oben skizzierten veränderten Bedingungen gelitten hat bzw. Einschränkungen unterworfen ist oder ob sie weiterhin – wie zuletzt Tenorth (2020: 43) mit Nachdruck gefordert hat – unangefochtener Kernauftrag, also eine conditio sine qua non, für jede schulische (Latein-)Lehrkraft ist. In diesem Sinne wird in der vorliegenden Forschungsstudie als zentralem Untersuchungsgegenstand der Leitfrage nachgegangen, welche Rolle die Fachlichkeit in den unterschiedlichen Phasen der Berufsbiographien von Lateinlehrerinnen und -lehrern im Laufe der deutschen Bildungsgeschichte gespielt hat und noch immer spielt.