Projekte am Lehrstuhl Gräzistik
Prof. Dr. Markus Asper
Narratives in Science Writing
Seit 2008 arbeitet MA daran, Erzählungsstrukturen in antiken und modernen Wissenschaftstexten zu erfassen und formal-funktional zu analysieren (letzte Publikation: „Aristotelian Stories. (A Case Study of) Narrative in Knowledge-Making”. In: Poetica 54, 1-26 [open access]).
ORGANON terminological toolbox
Zusammen mit Brigitte Grote, Werner Kogge und Jan Slaby (alle FU) entsteht ein tool, das Terminologiearbeit in interdisziplinären Forschungsverbünden erleichtert und auf eine publikationsfähige Basis stellt. Das Projekt ist 2022-23 von der BUA gefördert worden, derzeit läuft ein Antrag im DFG-Programm LIS (als Eindruck: https://gkorganon.userpage.fu-berlin.de/ ).
Abgeschlossen:
Experts and their Microcosms
Experten agieren in microcosms, in Feldern, die sie konstruieren, abgrenzen, differenzieren und entwickeln. Das Projekt, teils gefördert von EXC TOPOI II, brachte drei Sammelbände hervor (ed. M. Asper bei de Gruyter): Writing Science (2013), Thinking in Cases (2020) und Coming to Terms (2024).
Boeckhs Encyklopädie
August Boeckh, der Begründer unseres Instituts, hielt seine große Encyklopädievorlesung sagenhafte 26mal (1810-1865). Viele nachmals bedeutende Berliner Intellektuelle hörten diese Vorlesung. Das kolossale Manuskript, mit zahlreichen Beilagen, ist von ###Christiane Hackel### unter Verwendung der Vorarbeiten von Klaus Grotsch kritisch ediert und mit verschiedenen Anhängen ediert worden (3 Bde., Hamburg 2023). Gefördert wurde das Unternehmen von der Thyssen-Stiftung und dem Berliner Antike-Kolleg.
Dr. Giulia Maria Chesi
The Feminine Turn
The Feminine Turn is an international research group. It aims at reassessing and re-evaluating the ethical, political, and epistemological value of female agency in Graeco-Roman fictive and scientific literature, and its reception in the Renaissance, by queering the canonical boundaries of female and male.
Trilaterale Forschungskonferenzen an der Villa Vigoni (Italien)
Schutz von Verfolgten und Schwachen in der abendländischen Kultur. Wechselbeziehungen zwischen historischer Praxis und literarischer Gestaltung antik-paganer und christlicher Modelle
Projektleiter: Stefan Freund (Bergische Universität Wuppertal, Klassische Philologie); Michelet Cutino (Université de Strasbourg, Antike Kirchengeschichte und altchristliche Literatur) ; Giuseppe Germano (Università degli Studi di Napoli Federico II, Mittel- und Neulatein).
PD Dr. Roberto Lo Presti
Der Ort im Inneren
Philosophie-, theologie- und ideengeschichtliche Untersuchung zu einem Metaphernkomplex
Was haben bildhafte Begriffe wie Marc Aurels und Theresa von Avilas ‚innere Burg‘, die ‚Höhlen des Gedächtnisses‘ und der „innere Mensch (homo interior)“ des Augustinus, die ‚Herzmystik‘ der früheren griechischen Kirchenväter und das ‚Herzensgebet‘ der Wüstenväter der Philokalia, Petrus Abelards ‚Wurzel der Intention‘ und Meister Eckharts „Seelengrund“ gemeinsam? Geht es um nur scheinbar verwandte, in der Tat aber voneinander unabhängige Redewendungen, oder haben wir mit einem kohärenten, in unterschiedlichen (philosophischen und theologischen) Diskursformen auftauchenden Metaphern- und Begriffskomplex zu tun, der eine grundsätzliche Intuition voraussetzt und zum Ausdruck bringt und sich über mehrere Jahrhunderte in verschiedenen intellektuellen und kulturellen Kontexten entwickelt? Und, wenn es tatsächlich um ein solches Komplex geht, der die Grenzen zwischen griechisch-römischer paganer Kultur und christlichem Glauben sowie auch zwischen Philosophie und Theologie überschreitet, inwiefern kann dessen ideengeschichtliche Rekonstruktion dabei helfen, 1) neues Licht auf das Verhältnis zwischen philosophischem und christlichem Diskurs über Gott, den Menschen und die Welt zu werfen, und 2) besser nachzuvollziehen, welche Umdenkungsprozesse dieses Verhältnis von der frühneuchristliche Zeit über das Mittelalter bis in die Moderne durchgegangen ist?
Solchen Fragen soll das vorliegende Buchprojekt nachgehen. Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage von Roberto Lo Presti
Dr. Loren D. Marsh
Terminologischer Kommentar zu Aristoteles' Poetik
Ziel dieses Projekts ist es, ein neues theoretisches Verständnis der ungewöhnlichen terminologischen Praxis von Aristoteles zu entwickeln, und dieses Verständnis dann auf die umfangreichen terminologischen Probleme der Poetik anzuwenden. Da die Terminologie in der Poetik von Aristoteles besonders umstritten ist, eignet sich dieser kurze, aber dichte Text ideal für die gezielte Untersuchung einer Reihe von entscheidenden Begriffen innerhalb eines einzelnen Feldes. Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse dieser Untersuchung ein klareres - und in mancher Hinsicht ein anderes - Verständnis von Aristoteles' Kunst- und Literaturtheorie liefern können. Als erste Studie, die sich ausschließlich mit der Terminologie in Aristoteles befasst, soll diese Analyse auch neue Erkenntnisse darüber liefern, wie Begriffe, die in all seinen Schriften gefunden werden, systematisch identifiziert, klassifiziert, erklärt und definiert werden können.
Dr. Thomas Poiss
Kooptiertes Mitglied (das geplante eigene Teilprojekt musste wegen schwerer Erkrankung 2021 zurückgezogen werden) in der DFG Forschergruppe
FOR 5323: Aitiologien: Figuren und Funktionen begründenden Erzählens in Wissenschaft und Literatur
Die Forschungsgruppe Aitiologien perspektiviert die Faszination von Anfängen und die Suche nach Ursprüngen vom Standpunkt ihrer gegenwärtigen und retrospektiven Konstruktion und Funktionalisierung. Anfangsgeschichten – mit dem heuristischen Instrument der Aitiologie (der Erzählung von Anfang, Grund und Ursache) betrachtet – enthalten politische, ästhetische, religiöse, lebenswissenschaftliche Programme für die jeweilige Gegenwart, die sie begründen. Untersucht werden Kosmologien, Schöpfungserzählungen, literarische und wissenschaftliche Urszenen sowie politische Gründungsnarrative, mit Blick auf ihre jeweiligen Zeit-Rhetoriken. Der argumentative Grundton aitiologischer Narrative lenkt die Aufmerksamkeit dabei auf die Schnittstelle von Literatur und Wissenschaft und rückt Wissensdiskurse in der Literatur sowie die Fiktionalisierung wissenschaftlicher Hypothesen in den Fokus. Dabei wird stets gefragt, ob Anfänge ideologisch oder metaphysisch auratisiert werden oder ob (und wie) literarische Verfahren eher einer Entauratisierung zuarbeiten, die Linearität und Kausalität in Frage stellt. Die Fokussierung auf Anfänge verbindet das Forschungsprogramm schließlich mit dem aktuellen Interesse an zu Ende gehenden Zeitaltern der Erdgeschichte und ihrer je eigenen Aitiologie – sowohl in ästhetischen als auch in politischen Diskursen.
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der Forschergruppe
PD Dr. Vadim Wittkowsky
Das „Rewriting“ in den Evangelien und Acta des neutestamentlichen Corpus: ein Nachschlagewerk
Die Forschung der letzten Jahrzehnten hat zu vielen neuen Erkenntnissen dessen geführt, wie sich verschiedene und doch oft aufeinander rekurrierende Texte des neutestamentlichen Corpus zueinander verhalten. Nicht nur in ähnlich aussehenden Erzählungen der Evangelien ist das der Fall, sondern auch an vielen Stellen, die frühere vergleichende Untersuchungen und Synopsen als „Sondergut“ (special material) unberücksichtigt ließen. Ein umfangreiches Nachschlagewerk ist geplant, das die zahlreichen Fälle des sog. „Rewriting“ in den vier Evangelien und der Apostelgeschichte möglichst vollständig dokumentiert.
Die Intertextualität der spätkanonischen Literaturwerke: Ovid, Lukas, Heliodor
Beim Begriff „Kanon“ können sich Altphilologen, Kulturwissenschaftler und Theologen Unterschiedliches vorstellen. Klar ist jedenfalls, dass es so etwas gibt wie kanonische Schriften und auch bestimmte, zu deren Kanonisierung führende Prozesse. Weniger bekannt ist, dass die Kanonisierungsprozesse bereits bei den Verfassern einsetzen, die dann selbst einem bestimmten Kanon angehören werden. Im Vergleich zwischen den Texten der drei kaiserzeitlichen Autoren soll der Frage nachgegangen werden, wie sich diese drei „Spätklassiker“ – Ovid, Lukas und Heliodor – auch bewusst zum kanonischen Status verholfen haben.
PD Dr. Lothar Willms
Eleutheria: Geschichte des griechischen Freiheitsbegriffs: Archäologie einer europäischen Leitidee
The aim of this project which is funded since June 2022 by the Heisenberg programme of the Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) is an outline of the evolution of the idea of freedom in Ancient Greece from the Mycenaean Age to Late Antiquity. Documentary and literary texts are included to elucidate the first phases of this notion (personal and political freedom), but the focus is on philosophical texts that yield the largest differentiation of the concept of freedom (moral and internal freedom, freedom of the ‘will’).
Die Freiheit gehört zum Grundbestand der Ideen, die das geistige und politische Leben des Westens geprägt haben. Dies gilt seit der klassischen Antike, als die Grundzüge des Freiheitsbegriffs in Griechenland ausgebildet wurden. Ziel des Projekts, das seit Juni 2022 im Rahmen des Heisenberg-Programms von der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird [https://gepris.dfg.de/gepris/person/430898892?context=person&task=showDetail&id=430898892&], ist eine Monographie, welche die Entwicklung des griechischen Freiheitsbegriffs von den Anfängen bis in die Spätantike untersucht. Die klare Unterscheidung der strukturalistischen Semiotik zwischen einem Konzept und seiner sprachlichen Bezeichnung erlaubt eine präzisere Beschreibung als in der bisherigen Forschung, welche Freiheitskonzepte in der Antike zu welchem Zeitpunkt aufkamen und mit dem Lexem ‚frei‘ verknüpft wurden. Die große zeitliche Spannweite ermöglicht es, den Fokus mit zunehmender Belegdichte und -vielfalt zur jeweils innovativsten Quellenform zu verschieben und so die Differenzierung des Freiheitsverständnisses nachzuzeichnen: Von der Personenstandsfreiheit in der voreinzelsprachlichen Etymologie und mykenischen Zeit über die außen- und innenpolitische Freiheit in archaischer Dichtung und Prosa zum philosophischen Freiheitsbegriff, der den Schwerpunkt der Untersuchung bildet und der sich durch die verschiedenen philosophischen Richtungen von der moralischen über Wahl-, Willens-und innere Freiheit zur metaphysischen Freiheit des Einen bei Plotin entfaltet. Ein Ausblick soll kontrastiv das altchristliche Freiheitsverständnis und die Rolle des antiken Freiheitsbegriffs bei der Ausbildung neuzeitlicher Konzepte der Menschenwürde beleuchten.