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Vortrag von Marko Marinčič (Universität Ljubljana, Slowenien) "Horaz und Ovid über die Risiken der Veröffentlichung: Zu den Ursprüngen des Topos poeta-leno"

organisiert von Prof. Dr. Ulrich Schmitzer und PD Dr. Darja Šterbenc Erker, die den internationalen Austausch im Rahmen der DAAD Ostpartnerschaften leitet

 

Im Schlussgedicht des ersten Buches der Episteln (1,20) inszeniert Horaz die Veröffentlichung des Buches als einen traumatischen Abschied. Der Akt der Veröffentlichung wird metaphorisch als ein Liebesverrat dargestellt. Horaz „enterbt“ das personifizierte Buch, das unter die Leute gehen will, und brandmarkt es als ein scortum, das nicht nur im Forum, sondern vielleicht sogar in Spanien und Afrika eine breite Klientel finden wird. Plötzlich verlässt der Sprecher diese exklusivistische Haltung und schließt mit einer rührenden autobiographischen sphragis: das Buch soll gerade als ein internationaler Erfolg weltweit von seinem Autor berichten, und zwar ganz realistisch von Horaz als corporis exigui, praecanum, solibus aptum, / irasci celerem, tamen ut placabilis essem. In Ovids Amores 3,12 wird das Paradox der Veröffentlichung als lenocinum schematisch dargestellt: diesmal ist der Dichter, der die Kunde von der Schönheit der puella öffentlich verbreitet, eigentlich ein leno, der durch den Erfolg seiner Dichtung seinen Erfolg bei Corinna aufs Spiel setzt. Um die Originalität beider Gedichte besser einschätzen zu können, lohnt es sich, die Vorgeschichte des Motivs zu erzählen: über Properz und Kallimachos bis Theognis.