Humboldt-Universität zu Berlin - Faculty of Language, Literature and Humanities - Alexander von Humboldt Professorship

Sommersemester 2022

Forschungskolloquium/Lesegruppe "Antike Medizin- und Wissenschaftsgeschichte"

CO | Mo 10-12 | wöch. | UL 6, 3053 | Ph. van der Eijk

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Im Forschungskolloquium präsentieren und diskutieren Teilnehmer und Gäste laufende Forschungstätigkeiten im Bereich der antiken Medizin, Philosophie und Wissenschaftsgeschichte und ihrer Rezeption. Auch werden griechische und lateinische medizinische Texte, die im Rahmen von aktuellen Forschungsprojekten bearbeitet werden, in einem close reading Verfahren intensiv diskutiert. Da „Work in Progress“ und andere noch nicht veröffentlichte Materialien vorab zur Vorbereitung unter den Kolloquiumsteilnehmern verteilt werden, ist die Teilnahme am Kolloquium nur nach Vereinbarung mit Prof. Dr. P.J. van der Eijk (philip.van.der.eijk@hu-berlin.de) möglich.

 

Theologie von Gesundheit und Krankheit in historischer Perspektive

SE | Di 14-16 | wöch. | UL 6, 3059 | Ph. van der Eijk, J. Schröter

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In diesem Seminar wollen wir der Frage nachgehen, wie Menschen in der Geschichte religiös, theologisch und weltanschaulich mit Gesundheit und Krankheit umgegangen sind, wie sie sie gedeutet und verstanden und mit ihren religiösen und existenziellen Vorstellungen in Verbindung gebracht haben. Schwerpunkte werden die griechisch-römische Antike, das antike Judentum und das frühe Christentum sein, aber auch ihre Nachwirkung in späteren Zeiträumen.

Literaturangaben: C. Schulze, Medizin und Christentum in Spätantike und frühem Mittelalter, Tübingen 2005; G. Thomas, I. Karle (Hg.) Krankheitsdeutung in der postsäkularen Gesellschaft. Theologische Ansätze im interdisziplinären Gespräch, Stuttgart u.a. 2009; J. Schroeter (Hrsg.), Frühchristliche Heilungen und antike Medizin (Early Christianity 5/3), 2014; P.J. van der Eijk, ‘The “theology” of the Hippocratic treatise On the Sacred Disease’ in: Medicine and Philosophy in Classical Antiquity, Cambridge 2005, 45-73; P.J. van der Eijk, ‘The place of disease in a teleological world-view: Plato, Aristotle, Galen’, in: Julius Rocca (ed.), Teleology in the Ancient World, Cambridge 2017, 217-241.

 

Lothar von Segni, De miseria humanae conditionis

UE | Do 14-16 | wöch. | UL 6, 3052 | R. Lo Presti

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Im 11. und 12. Jahrhundert entstand im christlichen Abendland eine neue literarische Gattung, die das asketische Thema der Verachtung der Welt entwickelte und zu einem der zentralen Leitmotive des mittelalterlichen Welt- und Menschenbildes machte. Ein Meisterwerk dieser Gattung ist die Schrift, mit der wir uns in diesem Kurs auseinandersetzen werden, und zwar die 1195 verfasste Schrift De miseria humanae conditionis des Kardinals Lothar von Segni (1198 zum Papst mit dem Namen Innozenz III gewählt).

In De miseria conditionis humanae behandelt Lothar die Unvollkommenheit des menschlichen Daseins. Der Text ist in drei Teile eingegliedert: Im ersten Teil werden das Elend des menschlichen Körpers und die Schwierigkeiten beschrieben, mit denen die Menschen lebenslang umgehen müssen; im zweiten Teil werden die weltlichen Ambitionen der Menschen – Reichtum, Lust, Ehre und Ruhm – in Betracht gezogen und in ihrer Leere aufgezeigt; der dritte Teil des Werkes stellt eine bildhafte meditatio mortis dar, die sich um die Beschreibung des Zerfalls der menschlichen Leiche und die Vorstellung des hoffnungslosen Zustandes der Verdammten in der Hölle dreht. Ausgehend von einer scharfen Ablehnung alles Körperlichen und einer Verdammung der menschlichen Seele als sündig und verdorben gelangt Lothar zu einem pessimistischen Menschenbild. Das Werk folgt der überlieferten Lehre von der Hölle als Ort der ewigen Strafe für Sünder. Er betont zugleich den Vorrang des Klerus vor den Laien. Den Papst sah er „in die Mitte gestellt zwischen Gott und Mensch, diesseits Gottes, aber jenseits des Menschen, weniger als Gott, aber mehr als der Mensch“. Demgemäß sei der Papst vicarius Christi, nicht nur Amtsnachfolger Petri.

Im Kurs wird es darum gehen, dieses Werk in seinem kulturellen, theologischen und ideengeschichtlichen Kontext einzurahmen und die Fragen zu erörtern, in welchem Verhältnis zum Menschenbild des Früh- und Orientchristentums dieses Werk steht und inwiefern der anthropologische Pessimismus von Lothar das Menschenbild des abendländischen Mittelalters geprägt hat. In diesem Zusammenhang wird ein großer Teil unserer Interpretationsarbeit in einer Quellenanalyse bestehen, um verstehen zu können, wie Lothar an die biblischen Quellen herangeht, nach welchen Kriterien er seine Quellen selektiert, welche biblische Motive besonders betont und welche vernachlässigt bzw. in den Hintergrund gestellt werden.

Eine ausführliche Literaturliste wird am Anfang des Semesters zur Verfügung gestellt.

 

Parmenides

UE | Do 12-14 | wöch. | UL 6, 3052 | R. Lo Presti

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In dieser Übung werden wir uns mit einem für ein Poesie-Modul außergewöhnlichen und gleichzeitig extrem spannenden und anspruchsvollen Text befassen, und zwar mit den Fragmenten des in Hexameter verfassten Lehrgedichtes Peri physeos des „vorsokratischen“ Philosophen Parmenides von Elea.
Das Werk, dessen Interpretation eine der schwierigsten Aufgaben für Philosophen, Philologen, Philosophie- und Religionshistoriker darstellt, beginnt mit dem Bericht des Erzählers von einer Reise, die ihn bis vor das Tor führt, durch welches die Pfade von Tag und Nacht verlaufen und das von Dike, der Göttin der Gerechtigkeit, bewacht wird. Nachdem Dike dem Erzähler Einlass gewährt hat, wird er von einer namenlosen Göttin begrüßt, die von nun an allein das Wort führt. Sie erklärt ihm zunächst, dass ihn sein Wandeln fernab der üblichen Pfade der Menschen an diesen Ort geführt habe, weshalb sie ihm nunmehr offenbaren werde, was es einerseits über die Wahrheit an Sicherem zu sagen gibt und was andererseits den Sterblichen wahr zu sein scheint. Mit Sicherheit, so fährt die Göttin fort, muss gesagt werden, dass das Seiende ist, das Nicht-Seiende hingegen nicht. Das Seiende, so die Göttin, sei vollendet und gänzlich unveränderbar. Die Möglichkeit einer Veränderung oder Zerstörung sei undenkbar und somit sei die Annahme irgendeiner Form der Veränderung des Seienden bloße Meinung (doxa) und somit purer Schein, was sie in den Gegensatz einer Erfassung des Seienden durch die Vernunft setzt. Mit verschiedenen Ansätzen wiederholt die Göttin im Weiteren diese Einsicht und entwirft dabei ein Bild des Seienden als eines unentstandenen, unteilbaren und in sich gleichartigen Ganzen, dessen Vollkommenheit mit der einer Kugel verglichen wird. Nachdem die Göttin ihre Rede über die Wahrheit des Seins abgeschlossen hat, folgen einige Sätze zu dem, was in den Meinungen der Menschen wahr zu sein scheint.

Im Kurs werden wir alle Fragmente übersetzen und uns mit den interpretatorischen Schwierigkeiten philosophischer, sprachlicher und überlieferungsgeschichtlicher Art intensiv auseinandersetzen, die diese Fragmente bieten. Dabei werden wir uns auch auf die Testimonia zu Parmenides stützen.

Eine ausführliche Literaturliste wird am Anfang des Semesters zur Verfügung gestellt.

 

Philon von Alexandria, De opificio mundi

SE | Mo 14-16 | wöch. | UL 6, 3052 | R. Lo Presti

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Der jüdische Philosoph und Theologe Philon von Alexandria ist vielleicht der bekannteste und einflussreichste Denker des sogenannten hellenistischen Judentums, denn sein Denken lässt sich durch einen beständigen Versuch charakterisieren, die griechische Philosophie mit der jüdischen Theologie in Einklang zu bringen.

In diesem Kurs werden wir uns mit einem Werk Philons – und zwar mit De opificio mundi – auseinandersetzen, das Philons harmonisierenden Ansatz am deutlichsten veranschaulicht. Denn De opificio mundi gehört zu der zusammenhängenden Reihe von Schriften, die eine systematische Darstellung des Mosaischen Nomos zum Gegenstand haben. Dieser zerfällt nach Philon in drei Teile: den Weltschöpfungsbericht, einen historischen und einen gesetzgeberischen Teil. Dieser Dreiteilung entsprechend besteht auch Philons Werk nach dem Plan, den er wiederholt angibt, aus drei Hauptteilen: über die Weltschöpfung, über das Leben der Patriarchen, über die Gesetze. Im letzten und umfangreichsten Teil behandelt er zuerst den Dekalog, der die allgemeinen Grundlagen der Gesetze enthält, dann in mehreren Büchern die Spezialgesetze.

Den Bericht von der Weltschöpfung hat Moses nach der Meinung Philos absichtlich den Gesetzen selbst vorangeschickt, um zu zeigen, dass Gesetz und Welt in vollem Einklang miteinander stehen und dass der gesetzestreue Mensch zugleich der wahre Weltbürger ist, da er nach dem Gesetz der Natur lebt, durch das auch die Welt regiert wird; Moses will damit gewissermaßen auf seine Gesetzgebung vorbereiten. Philo erläutert nun in diesem Buch den biblischen Weltschöpfungsbericht mit Hilfe platonischer, stoischer und pythagoreischer Lehren, aber so, dass er die Physik mit der Theologie, die Kosmologie mit seiner Lehre von Gott und dem Logos eng verknüpft. Seine Theorie der Weltschöpfung oder richtiger Weltbildung lehnt sich im wesentlichen an Platos Timaeus an. Die Schrift zerfällt in zwei Teile: im ersten Teil (bis § 133) wird das Sechstagewerk (Hexaemeron) nach 1 Mos. Kap. 1 behandelt. Im zweiten Teil (§ 134-172) wird die Schöpfung und der Sündenfall des ersten Menschen nach 1 Mos. Kap. 2 und 3 ethisch und allegorisch (psychologisch) erläutert.

Im Kurs werden wir versuchen, Philons De opificio mundi ideengeschichtlich zu betrachten und die Frage zu erörtern, inwiefern aus Philons harmonisierenden Ansatz ein Weltbild entsteht und sich ein Verständnis von der Verbindung zwischen Philosophie und Theologie entwickelt, die Originalitätszüge tragen.

Eine ausführliche Literaturliste wird am Anfang des Semesters zur Verfügung gestellt.

 

Pico della Mirandola, Oratio de hominis dignitate

SE | Mo 8.30 - 10 | wöch. | UL 6, 3052 | R. Lo Presti

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In diesem Kurs werden wir uns mit der Oratio de hominis dignitate auseinandersetzen, die der berühmte Humanist Pico della Mirandola 1486 verfasste und als eine der wichtigsten „Programmschriften“ der italienischen Renaissance gilt. Es geht in dieser Schrift darum, ein Idealbild vom Menschen als dem eigentlichen Mittelpunkt der Welt zu entwerfen, welches auf einem uneingeschränkten und staunenden Vertrauen auf die erkennende und schöpferische Kraft des menschlichen Intellekts beruht und bis zu einer Gleichstellung von Menschen und Gott bzw. einer Vergöttlichung des Menschlichen geht. Im Laufe der Schrift wird immer wieder auf die Freiheit als die für das Menschsein charakteristische Eigenschaft hingewiesen, auf deren Grund sich die Menschen von allen anderen Weltgeschöpfen unterscheiden und durch deren vollständige Entfaltung im Erkennen sowie auch im Handeln sich die einzigartige Würde des Menschseins (dignitas hominis) manifestiert. Denn diese Würde wird von Pico nicht als etwas Naturgegebenes geschildert, was die Menschen mühelos besitzen, sondern als erstrebtes Ziel einer auf philosophischer Betätigung beruhenden Lebenspraxis und als höchste Vollendung eines gottgegebenen Potentials, zu der sich die Menschen Gott gegenüber verpflichtet fühlen sollen.

Sich an die Tradition des augustinischen Neuplatonismus anschließend und damit eine originelle Synthese von neuplatonisierenden Denkmustern und christlichem Glauben schaffend, kann Pico in seiner Oratio de hominis dignitate eine in mehreren Hinsichten revolutionäre Anthropologie entwickeln, die sich von den mittelalterlichen asketischen Schriften „de contemptu mundi“ deutlich verabschiedet; gleichzeitig leistet er einen wertvollen Beitrag zu einigen Aspekten der Theodizeefrage, die das Verhältnis zwischen menschlicher Freiheit und göttlicher Güte betreffen und über die einige Jahrzehnte später Erasmus von Rotterdam und Luther in den jeweiligen Schriften De libero arbitrio und De servo arbitrio heftig streiten werden.

Eine ausführliche Literaturliste wird am Anfang des Semesters zur Verfügung gestellt.

 

Die Unsterblichkeit der Seele in Plotin und Augustinus

HS | MO 16-18 | wöch. | UL 6, 3059 | R. Lo Presti

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In diesem Seminar werden wir uns mit einem Grundthema der Antiken Philosophie, und zwar mit der Frage nach der Unsterblichkeit der Seele, auseinandersetzen und dieses Thema als Schlüssel zum Verhältnis zwischen Neuplatonismus und frühchristlichen Denken betrachten. Das Seminar wird sich hauptsächlich um drei Texte drehen, und zwar: Plotins Vorlesung über die Unsterblichkeit der Seele (Enneades IV,7) und Augustinus‘ Soliloquia (Buch 2) und De immortalitate animae.
Beim Seminar werden unter anderem folgende Fragen zur Diskussion gebracht werden: Welche Beweise für die Unsterblichkeit und welche Argumente gegen die Sterblichkeit der Seele werden von Plotin und Augustinus vorgelegt? Welche neuen Formen nimmt der platonische Dualismus Leib/Seele in Plotin und Augustinus und welche unterschiedlichen Vorstellungen von Leib setzen beide Denker voraus? Inwiefern hängt Plotins und Augustinus‘ Erörterung der Frage nach der Unsterblichkeit der Seele von einer Untersuchung des ontologischen Status der Vernunft ab?

Griechisch- bzw. Lateinkenntnisse sind willkommen, aber nicht erforderlich: alle Materialien stehen in deutscher oder englischer Übersetzung zur Verfügung.

Im Seminar sollen Diskussionsfreude und kooperatives Lernen im Vordergrund stehen. Dies setzt die aktive Teilnahme in Form von Referaten, Fragestellungen, Diskussionsbeiträgen sowie den freien intellektuellen Austausch zwischen Seminarleiter und Studierenden voraus.

Eine vollständige Literaturliste wird am Anfang des Semesters zur Verfügung gestellt werden.

 

Einführung in das griechische Drama

GK | Do 14-16 | wöch. | UL 6, 3059 | O. Overwien

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In dieser Lehrveranstaltung erhalten die Studierenden einen ersten Überblick über die Inhalte, die Sprache und die Metrik des griechischen Dramas. Zudem wird neben der religiösen vor allem die politische Dimension der Tragödie thematisiert werden. Gelesen werden die Trachinierinnen des Sophokles: Herakles bringt von einem Kriegszug eine junge Geliebte mit nach Hause. Die nicht mehr ganz so junge Ehefrau Deianeira versucht, seine Liebe mit Hilfe eines präparierten Kleidungsstückes zurückzuerlangen, was die erwartbaren Konsequenzen hat: Es gibt Tote, viel Trauer und Verzweiflung.

Textausgabe: Sophoclis Fabulae, ed. H. LLOYD-JONES/N. G. WILSON, Oxford 1990.
Einführende Sekundärliteratur: H. FLASHAR, Sophokles, 2. Auflage, München 2010; G.A. Seeck, Die griechische Tragödie, Stuttgart 2000; J. LATACZ, Einführung in die griechische Tragödie, 2. Auflage Göttingen 2003

 

Medizin auf Latein

UE | Do 10-12 | wöch. | UL 6, 3071 | O. Overwien

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Naturgemäß spielte die Heilkunde auch für die Römer eine lebenswichtige Rolle. Es sind uns zwar im Vergleich zur griechischen Tradition nur relativ wenige Quellen auf Latein erhalten geblieben, sie reichen aber aus, um uns eine Vorstellung von der römischen Medizin zu geben, die uns heutzutage zum Teil sehr vertraut, zum Teil aber auch eher fremd erscheint: Es gab z.B. keine Krankenhäuser; das Aufschneiden von Leichen zu Forschungszwecken lehnte man strikt ab.

In der Übung wird es unter anderem um magische Praktiken, Naturheilkunde, die Bedeutung von Medikamenten und ethische Vorschriften für den Arzt gehen. Die zu lesenden Texte stammen von Autoren aus ganz unterschiedlichen Epochen: In die Anfangszeit der lateinischen Literatur gehören Plautus und der gute alte Cato. Celsus, der auch als Cicero der Medizin galt, sowie Plinius der Ältere sind der frühen Kaiserzeit zuzurechnen, der eher weniger bekannte Marcellus dagegen der Spätantike.

Die zu übersetzenden Texte werden den Teilnehmenden in Kopie zur Verfügung gestellt.

Einführende Literatur: V. NUTTON, Roman Medicine: Tradition, Confrontation, Assimilation, in: ANRW II 37.1 (1993), S. 49-78; A. KRUG, Heilkunst und Heilkult, 2. Auflage, München 1993; E. Künzl, Medizin in der Antike, Stuttgart 2002.

 

Ovid, Amores

GK | Mo 14-16 | wöch. | UL 6, 3071 | O. Overwien

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Dass ein Mann Verse an seine Geliebte schreibt, ist nicht ungewöhnlich. Dass er darin aber die Rolle eines unsterblich Verliebten einnimmt, der sich einer Frau (domina) zu ewiger Treue verpflichtet fühlt, die sich ihm gegenüber als hartherzig, launisch und auch treulos zeigt, so dass er mitunter nächtelang an ihrer Tür vergeblich um Einlass bitten muss, dürfte zu allen Zeiten die Frage nach seinem geistigen Zustand aufwerfen, als Phänomen erregte es im antiken Rom jedoch sicherlich mehr Aufsehen als heutzutage. Nun gehörte auch Ovid zu diesen sogenannten Liebeselegikern. In den Amores stellt er seine Liebesabenteuer mit einer gewissen Corinna dar. Wir werden im Kurs sehen, wie er zum einen die von der Tradition vorgegebenen literarischen Muster übernimmt, zum anderen aber auch mit ihnen spielt und sie ironisiert.

Textausgabe: P. Ovidi Nasonis Amores, Medicamina Faciei, Ars Amatoria, Remedia Amoris, ed. E. J. KENNEY, 2. Auflage, Oxford 1994, verbesserter Nachdruck 1995 (u.ö.)
Einführende Literatur: U. SCHMITZER, Ovid, 2. Aufl., Hildesheim 2011; K. VOLK, Ovid. Dichter des Exils, Darmstadt 2012; N. HOLZBERG, Die römische Liebeselegie. Eine Einführung, 6. Auflage, Darmstadt 2015

 

Griechische Paläographie

PL / UE | Mi 10-12 | wöch. | UL 6, 3052 | O. Overwien

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In der Übung sollen die Charakteristika der Majuskel und frühen Minuskel durch gemeinsame Lektüre erarbeitet werden. Ihr Ziel besteht darin, dass die Teilnehmer in die Lage versetzt werden, leichter lesbare griechische Handschriften problemlos zu entziffern. Viele Kodizes werden wir uns online und damit in Farbe ansehen können, so dass man darüber hinaus einen ersten Eindruck von byzantinischer Buchkunst bekommt. Ein Gang in die Staatsbibliothek am Ende des Semesters wird, wenn es die Virus-Lage zulässt, außerdem die Möglichkeit bieten, einige Handschriften im Original zu bestaunen.

Einführende Literatur: H. Hunger, Handschriftliche Überlieferung …; Paläographie, in: Einleitung in die griechische Philologie, hrsg. v. G. Nesselrath, Stuttgart/Leipzig 1997, S. 17-44; N. Wilson, Greek Palaeography, in: The Oxford Handbook of Byzantine Studies, ed. by E. Jeffreys u.a., Oxford 2008, S. 101-14.

 

Psychische Gesundheit und psychische Krankheiten in der Antike. Medizin und ihr kultureller Kontext

SE | Fr 10-12 | wöch. | UL 6, 3053 | C. Thumiger

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In diesem Kurs werde ich einen Überblick über die antiken Vorstellungen von der Gesundheit der Seele im Verhältnis zur Gesundheit des Körpers in ihren verschiedenen Aspekten und Implikationen geben. Wir werden gemeinsam mehrere medizinische Quellen in griechischer und lateinischer Sprache lesen und sie im Dialog mit Texten aus nicht-technischen Gattungen untersuchen.

Unterthemen sind u. a. Geschlecht und psychische Gesundheit; Konzepte von Behinderung; die ethische und normative Dimension (die Unterscheidung und manchmal Überschneidung zwischen "böse" und "verrückt"); Therapien und Prognosen; der Status der Verrückten; anerkannte psychische Pathologien und psychische "Krankheiten"; fiktionale Darstellungen von psychischen Störungen.

Literaturhinweise: Ahonen, M. Mental Disorders in Ancient Philosophy (2014); Eghigian, R. (ed.) The Routledge History of Madness and Mental Health. London (2017); Gundert, Beate 2000. ‘Soma and psyche in Hippocratic Medicine’, in Wright, John and Potter, Paul (eds.), Psyche and Soma: Physicians and Metaphysicians on the Mind-Body Problem from Antiquity to Enlightenment. Oxford University Press, pp. 13–36; Harris, W.V. (ed.) 2013a. Mental Disorders in the Classical World. Leiden, Brill; Kellenberger, Der Schutz der Einfältigen. Menschen mit einer geistigen Behinderung in der Bibel und in weiteren Quellen (2011); King, Helen 2004. The Disease of virgins. Greek Sickness, Chlorosis and the Problems of Puberty. London; Leibbrand, Werner and Wettley, Annemarie 1961. Der Wahnsinn. Geschichte der abendländischen Psychopathologie. Munich, Alber; Matentzoglu, Silvia 2011. Zur Psychopathologie in den hippokratischen Schriften. Berlin; Mattes, Josef 1970. Der Wahnsinn im griechischen Mythos und in der Dichtung bis zum Drama des fünften Jahrhunderts. Heidelberg, C. Winter; Padel, Ruth In and Out of the Mind (1992); Padel, Ruth Whom Gods Destroy (1995); Pigeaud, J. Folie et cures de la folie chez les médecins de l'Antiquité gréco-romaine. La manie, (1987); Pigeaud, J. La maladie de l’ame (1981); Simon, B. 2013. ‘Carving nature at the joints’: the dream of a perfect classification of mental illness’; Simon, Bennett 1978. Mind and Madness in Ancient Greece: the Classical Roots of Modern Psychiatry. Ithaca and London, Corwell University Press; Singer, Peter N. 1992. ‘Some Hippocratic Mind-Body Problems’, in Lopez Ferez, Juan (ed.), Tratados Hipocraticos, Madrid, pp. 131–43; Tamkin, O. The Falling Sickness (1945); Thumiger, Chiara A History of the Mind and Mental Health in Classical Greek Medical Thought. Cambridge (2017); Thumiger, Chiara and Singer, Peter (eds.) Mental Illness in Ancient Medicine: From Celsus to Paul of Aegina. Brill (2018); Wittern, R. 1991. Die psychische Erkrankung in der klassischen Antike. Sitzungsberichte der Physikalisch-Medizinischen Sozietät zu Erlangen N.F. 3.1 (1991). Erlangen, Palm & Enke; Wohlers, Michael 1999. Heilige Krankheit. Epilepsie in antiker Medizin, Astrologie und Religion, Marburger Theologische Studien 57. Marburg, N.G. Elwert.