Humboldt-Universität zu Berlin - Faculty of Language, Literature and Humanities - Alexander von Humboldt Professorship

Wintersemester 2012/13

 

Cicero, De divinatione

SE | Di 14-16 | wöch. | FRS 191, 4026 | R. Lo Presti

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Was ist Weissagung? Wie kann man die Erscheinung von prophetischen Träumen erklären? Haben diese Träume eine göttliche Herkunft oder sind sie Phänomene, die von völlig natürlichen Ursachen verursacht werden? Kann man zwischen verschiedenen Formen von Weissagung unterscheiden? Welche kulturelle und symbolische Funktion haben der Glaube in die Weissagung und die Weissagungstechniken im Rahmen der römischen Religion?
Ciceros Schrift „De divinatione“ ist eine philosophische Abhandlung in 2 Büchern, die versucht, diese Fragen in systematischer Weise zu beantworten. Cicero befasst sich mit der Klassifizierung der verschiedenen Arten von Weissagung und unterscheidet zwischen „inspirierten“ Weissagungsformen (er nimmt Bezug insbesondere auf Träume) und Formen, die sich durch einen bestimmten Interpretationsprozess verwirklichen. Das erste Buch besteht aus einer auf der stoischen Doktrin beruhenden Verteidigung der Weissagung, das zweite Buch enthält eine Ablehnung der Weissagung, die auf den akademischen Doktrinen basiert.

In diesem Hauptseminar wird Ciceros Schrift „De divinatione“ gelesen, übersetzt und mit dem Ziel kommentiert, ihre hauptsächlich philosophischen, rhetorischen, linguistischen und literarischen Aspekte zu betrachten.

Literatur: Cicero, De Divinatione, ed. O. Plasberg, Teubner, Leipzig 1908. Cicero, Zwei Bücher von der Weissagung, übersetzt von R. Kühner, Nabu Press, 2010. D. WARDLE, Cicero on divination: De divinatione, book 1, translated with introduction and historical commentary by David Wardle, Oxford-New York 2006. F. GUILLAUMONT, Le De diuinatione de Cicéron et les théories antiques de la divination (Latomus 298), Bruxelles 2006. M. BEARD, Cicero and Divination. The formation of a Latin Discourse, in JRS 76, London 1986, S. 33-46. M. SCHOFIELD, Cicero for and against Divination, in JRS 76, London 1986, S. 47-65. Ph. VAN DER EIJK, Aristotelian elements in Cicero’s De Divinatione, „Philologus“ 137 (1993), S. 223-231.

 

Die Wahrnehmungs- und Kognitionstheorien in der griechischen Philosophie und Medizin der klassischen Zeit / Philosophical and Medical Theories of Sense Perception and Cognition in Classical Greece

SE | Di 10-12 | wöch. | UL 6, 2014B | R. Lo Presti

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Wie definierten und erklärten die griechischen Philosophen und Mediziner der klassischen Zeit die Wahrnehmung? Welche Beziehungen zwischen Wahrnehmungsprozessen und anderen kognitiven Vorgängen (z.B. Vernunft und Emotionen) und körperlichen Prozessen und Zuständen (z.B. Blutbewegung, Säfte, Physiologie des Herzens und des Gehirns) erkannten ihre Theorien? Welches Körperteil wurde als Zentrum oder Primärorgan der Wahrnehmung angesehen? Welche Rolle spielte der Begriff der „Seele“ (psyche) für das Verständnis der Wahrnehmungsprozesse bei welchen Philosophen und Medizinern? Und wie wurde die Interaktion zwischen „seelischen“ und „körperlichen“ Aspekten der Wahrnehmung erklärt? Wurde eine Unterscheidung zwischen „bewussten“ und „unbewussten“ Wahrnehmungsformen getroffen? Welche Auffassung(en) der Beziehung zwischen Wahrnehmungssubjekt und Wahrnehmungsgegenstand und im Allgemeinen zwischen dem Wahrnehmungssubjekt und seiner Umwelt wurden von verschiedenen medizinischen und philosophischen Wahrnehmungstheorien vorausgesetzt oder etabliert?

In diesem Seminar werden wir die Wahrnehmungs- und Kognitionstheorien ins Augefassen, die von den Vorsokratikern und den Medizinern des Corpus Hippocraticum sowie von Platon und Aristoteles entwickelt wurden. Insbesondere werden wir nach den Beziehungen zwischen den so genannten „philosophischen“ und den so genannten „medizinischen“ Theorien suchen und uns auch fragen, ob und in welchem Maße diese Beziehungen für die Entstehung der Polemik zwischen „encephalozentrischen“ und „cardiozentrischen“ Wahrnehmungstheorien eine Rolle spielten. Wir werden uns auch mit Aspekten der doxographischen Tradition befassen, insofern wir die vorsokratischen Theorien auch durch der Linse der aristotelischen und theophrastischen Kritik betrachten werden.

Voraussetzungen: keine. Kenntnisse von Latein und Griechisch sind willkommen, aber nicht erforderlich: alle Materialien werden in Übersetzung behandelt.

 

Editionswissenschaft

PL | Do 14-16 | wöch. | FRS 191, 4031 | O. Overwien

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Ziel des Seminares ist die Vermittlung von Grundkenntnissen für die Edition eines lateinischen Textes. Zunächst soll ein Überblick über die antike und mittelalterliche Überlieferung lateinischer Texte vermittelt werden. Des Weiteren wird es darum gehen zu erlernen, nach welchen Kriterien der Wert bzw. das Verhältnis der jeweiligen Überlieferungsträger (in der Regel: der Handschriften) richtig bestimmt werden kann und in welcher Weise schließlich die Ergebnisse dieser Bewertung sowohl zur Erstellung eines Textes führen als auch in Form des textkritischen Apparates korrekt dargestellt werden.

Zur Einführung empfohlen: E. PÖHLMANN, Einführung in die Überlieferungsgeschichte und in die Textkritik der antiken Literatur, 2 Bde., Darmstadt 2003.

 

Lateinische Heiligenviten

UE | Do 10-12 | wöch. (1) | FRS 191, 4031 | O. Overwien / W. Häfele

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Heiligenviten schildern das Leben von Menschen, die aufgrund ihrer Gottesnähe und ihrer Taten oft schon zu Lebzeiten bewundert wurden. Sie wollen den Leser nicht nur unterhalten (ein angenehmer Nebeneffekt), sondern vor allem ermutigen, es dem Heiligen nachzutun.

In der Übung sollen exemplarisch zentrale Passagen aus einigen Heiligenviten gelesen werden, zu denen Possidius’ Vita des heiligen Augustinus, Sulpicius Severus’ Vita des Heiligen Martin oder auch die lateinischen Übersetzungen der so wirkungsmächtigen Antoniusvita gehören können.

Der Kurs richtet sich gleichermaßen an Philologen und Theologen. Die Texte sollen möglichst im Original gelesen werden, doch ist auch eine Arbeit mit der Übersetzung möglich. Es werden sowohl die sprachlichen Besonderheiten der Viten (rhetorische Stilisierung; Verhältnis zu paganen und christlichen Vorbildern) als auch theologische Aspekte (z. B. Funktion der Heiligen; imitatio Christi) behandelt, um das „gattungstypische“, aber auch das Besondere und Kreative der jeweiligen Heiligenvita herauszuarbeiten.

Die Kursteilnehmer erhalten nicht nur einen Überblick über eine der beliebtesten Textsorten der Spätantike, sondern erlangen gleichzeitig auch exemplarisch Kenntnisse über die sprachlichen Besonderheiten der literarischen Prosa, über die theologischen Diskurse und nicht zuletzt auch über die Kultur und Gesellschaft dieser Zeit.

Literatur: D. V. D. NAHMER, Die lateinische Heiligenvita. Eine Einführung in die lateinische Hagiographie, Darmstadt 1994. UYTFANGHE, M. V., Heiligenverehrung II (Hagiographie), in: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 14, 1988, Sp. 150-183.